, Marcel Bucher

Provençe 2009

PARAnoia in der Provence April 2009

Sa 4.April 2009

Früh geht es los, heute morgen! Schon um 6:30h soll ich bei Martin sein, damit wir uns mit allen drei Autos etwa gleichzeitig bei Nyon treffen können. Das klappt hervorragend, und Martin und ich finden uns mit Roland, Urs, Dani und Andi bei der üblichen Tankstelle zum Frühstück ein.
Dabei bin ich froh, überhaupt mit von der Partie  sein! Bis gestern war unklar, ob ich fahren werden könne, weil ich mir in meinem Uebermut am Mittwoch noch einen süssen kleinen Handgips hatte verpassen lassen müssen...

Nächster Treffpunkt: St.Hilaire! Aber am besten vor 12:00h, weil dann das alte Standseilbähnchen seine wohlverdiente Mittagspause macht.
Martin und ich sind die einzigen, die es schaffen. Als sich das nostalgische Ding in Bewegung setzt, rütteln Dani und Urs vergebens am Eingang, und  die anderen zwei vergnügen sich im Stau.

Nach kurzem Imbiss schwingen wir uns vom edlen Teppichstartplatz aus in die Lüfte, und es fliegt! Und wie: wir können sofort Höhe machen, und schaffen es auch bald, die gewaltigen Felswände über St.Hilaire zu erreichen. Ich folge einem Wettkampfschirm, der sich konturensoarend forwärts macht, und bin schon bald am nördlichen Ende des Massivs. Der Radon vor mir müsste Urs sein! Tatsächlich winkt er zurück. Auch die anderen sind also irgendwo verteilt am Thermik geniessen.

Und die Thermik lässt sich nicht lumpen. Wie ich im Tiefflug den Startplatz wieder erreiche, katapultiert es mich mit über 6m/s an die Wolken!  Das PARAnoia Motto piep-piep-piep-klapp triffts wieder mal gut...
Also weiter, an den südlichen Grat. Das Ende beim alten Fort erreiche ich schnell, zurück aber geht's gegen ziemlich viel Wind, der erst noch von hinten über den Grat bläst - unangenehm!

Nochmals an die hohen Wände, etwas SAT üben, und die Erde hat mich nach beinahe drei Stunden und einem 50km Dreieck wieder.
Andi, Urs und Dani sind schon da, Roli landet auch gleich, und Martin, der dem fiesen Lee weiter vorne zum Opfer gefallen war, schafft es per Autostop zurück.

Dann nichts wie weiter nach Laragne, wo wir diesen ersten, schönen Ferientag beim Vietnamesen ausklingen lassen.


So 5.April

Wetter: gut; Wind: leicht Nord; Stella: bestellt. Die gute hat sogar einen 'neuen' Shuttlebus. Die alten Hardcore-Provençer sprechen von der dritten Generation Klapperkisten, die sie auf den Chabre bringt. Dank der neuen Strasse sind die Ansprüche ans Fahrwerk zwar nicht mehr so hoch, aber die ölig heissen Dämpfe bei der Auffahrt verheissen auch diesem Vehikel keine lange Lebensdauer.

Oben hat's tatsächlich ziemlichen Nordwind, aber die aufkommende Thermik macht kurzen Prozess damit, und schon bald dreht einer nach dem anderen auf bis 2500müM seine Kreise. Dani schafft sogar das Kunststück, knapp über dem Notlandeplatz eine Thermik auszugraben, und sich wieder hochzukämpfen.
Ich verfolge Martin, und wir versenken uns nach langer Querung dann auch beinahe gemeinsam bei Rosans, wo wir nach einer Stunde und kurz vor dem Gewitter von netten Menschen mitgenommen und bis zum Hotel in Laragne zurück chauffiert werden. Urs, Andi und Roland schliessen das Dreieck über den Antennenberg, Dani landet bei Serres und findet auch zurück.
Ich erweitere meine Tageskilometer noch ein wenig beim Rennen, und weil alle anderen Restaurants heute geschlossen sind, geht's halt schon wieder zum Vietnamesen...


Mo 6.April

Mittelstarker Südwest ist angesagt, Roland schlägt St.Geniez östlich von Sisteron vor. Das Wetter sieht für die nächsten Tage leider nicht sehr gut aus, hoffentlich fliegt es wenigstens heute noch!
Der kleine Ort liegt weit hinten in einem kleinen Hochtal. Der Höhenunterschied ist gering, allerdings sehen wir schon eine Flugschule am Soaren - es sollte also gehen! Wir packen uns in zwei Wagen und schleichen die Schotterpiste hoch zum Startplatz. Urs fliegt zuerst und kann etwas überhöhen. Wie wir bereit sind, scheinen alle anderen Schirme wegen einer grossen Abschattung wegzusinken. Urs erkennt's und landet auf dem Grat neben dem Startplatz ein, um die Flaute abzuwarten. Das hindert Roli und Andi aber nicht am Start, was sie kurz darauf am Landeplatz bereuen. Kaum scheint die Sonne wieder irgendwo ins Tal, zieht die Felswand links neben dem Startplatz nämlich wieder, und wir restlichen hauen uns raus. Feines Thermiksoaren ist angesagt.

Als wieder es wieder mal schwächelt,  Landen Urs und ich beim Startplatz. Dani und Martin bleiben draussen und stehen es durch - Martin inklusive Toplandung auf dem Gipfel hinter uns.
Wir haben ein Herz und Urs fährt runter, um die beiden Bomber wieder zu holen. Aber jetzt scheint es bald die letzte Gelegenheit, nochmals gescheit zu fliegen, es wird immer dunkler. Also starte ich und begebe mich zu Dani und Martin. Leider stellt wieder alles ab, und zu regnen beginnt es auch! Urs fliegt noch schnell runter, aber auch nicht mehr im Trockenen. Schliesslich werden die Schirme halb nass in den Sack gewurstet und wir fahren weiter runter ins Tal, um in der Sonne zu picknicken.

Die Tagesbilanz ist etwas durchzogen - die einen sind anständig geflogen - "S'isch rächt gsii!" - die anderen eher nicht so...
Da es im Moment am Himmel wieder viel besser aussieht, beschliessen wir nach einigem hin und her, es nochmals zu versuchen, und siehe da: Alle fliegen nochmals eine Stunde in zum Teil zwar zerissener aber starker Thermik!
Erst als es hinten im Tal wieder ziemlich dunkel wird und es überall steigt, werden die Ohren eingeklappt und der Landeplatz angepeilt. Ich kann toplanden und schon mal einen Wagen runterfahren.
Auf dem Heimweg regnet's dann auch ziemlich. Das hält uns natürlich nicht vom Landebier im Verkehr auf dem Dorfplatz von Laragne ab, wo wir uns schon auf ein feines Nachtessen freuen - beim Franzosen, nicht beim Vietnamesen heute!

Di 7.April

Wetter heute: nicht flugtauglich. Während Dani und Andi das zum Joggen nutzen, schwingen wir restlichen uns auf die Bikes. Die letzten Jahre habe ich immer nur Geschichten über die Herzog-Biketouren gehört, jetzt darf ich auch mal mit!
Von Beginn weg ist das Tempo hoch, kein gemütliches Einfahren. Dafür geht's in die wunderschöne Schlucht vom kraterförmigen Montagne de St.Genis. Durch felsige und bewaldete Abschnitte steigen wir auf den ersten Rücken auf. Während Martin mit den Herzog Brothers einigermassen mithalten kann, muss ich öfter mal schieben und so halt das Schlusslicht machen.
Oben erwartet uns dann eine gewaschene Abfahrt. Als Rookie wäre ich wohl zu Fuss runter, hätten die anderen nicht gezeigt, dass man sich tatsächlich mit dem Bike diesen steilen Felspfad nach Colombe runterstürzen kann. Und es geht tatsächlich! Meine Bremsscheibe raucht zwar, als wir unten rauskommen, und mein Adrenalinspiegel war auch schon niedriger, dafür hat es irren Spass gemacht!
Aber die Tour ist noch lange nicht zu Ende: Es geht noch zwei-, dreimal hoch und wieder runter, über den Javanon und zurück an den St.Genis, durch Bäche, vorbei an Ruinen, entlang Hecken und über Motocrosspisten, bevor wir uns nach drei Stunden wieder in Laragne einfinden.

Während Roli, Urs und auch Martin das offenbar locker wegstecken, sind meine Beine ziemlich 'leer', und ich bin froh, etwas feines zum Essen zu kaufen und nach einer verdienten Dusche gemeinsam mit den anderen eine ausgiebige Mahlzeit im Garten geniessen zu können!

Nachdem auf der Biketour ausnahmsweise mal keiner einen Platten gefangen hat, macht mich Dani darauf aufmerksam, dass dafür ein Hinterrad meines Autos platt ist! Na ja, wir wollten sowieso in Gap den Decathlon leerräumen gehen, da geben wir auf dem Hinweg noch schnell das kranke Rad zur Heilung (und für 14 Euronen wird's auch bald wieder ganz).

Im Sportshop dauert's dann wie immer ein wenig länger - ok, ich übernehme als Dank für's geduldige Warten den Wein beim Nachtessen!
Im erstklassigen Restaurant in Lagrand gesellt sich auch Adrian zu uns, der mit einer Segelfliegergruppe in Sisteron die Lüfte unsicher macht.
Für einmal dreht sich deshalb die Unterhaltung beim Essen um 'Latein der langen Flügel' statt um Knitterfliegergeschichten.


Mi 8.April

Biken oder Fliegen? Wetter eher schlecht, aber das wollen die beiden Nicht-Biker verständlicherweise zuerst verifizieren. Das Meteo wird's zeigen!
Mit gemischten Gefühlen sind wir kurz darauf unterwegs durch die spektakuläre Méouge Schlucht nach Séderon. Die Auffahrt zum Bergies ist abenteuerlich, die Schlaglöcher eine Herausforderung.
Oben angekommen zieht es niemand in die Luft, schliesslich bedeckt eine dicke, graue Stratusschicht den gesamten Himmel. Also zuerst mal herzhaft picknicken - gut angezogen, wohlgemerkt, denn es ist ziemlich kühl.
Na, dann fliegen wir halt zum Landeplatz runter. Aber niemand hat mit der 'Grauthermik' gerechnet! Unter der Stratusschicht bilden sich noch dunklere Wolkenfetzen, und diese produzieren durchaus etwas Lift!
Urs erwischt es als erster, während Roland und ich absaufen. Später können auch Dani und Martin aufdrehen. Andi muss leider durch alles Heben durch und landen gehen, weil er einen Knopf in den Leinen nicht aufbringt. Wir drei sitzen nun ziemlich neidisch am Landeplatz, und beobachten, wie die anderen das gesamte Tal abfliegen. Wie dann auch Dani landen kommt, fahren wir nochmals hoch, und Roli, Andi und ich starten nochmals.
Inzwischen ist Martin im nächsten Tal gelandet, dafür kreist Adrian über unseren Köpfen. Weil heute nix war mit Segelfliegen, ist er kurzentschlossen zu uns gestossen. Der Wind hatte unterdessen gedreht, und wir soaren nun an der Nordseite. Schlau, wer Höhe macht; doof, wer sich beim Touch-and-Go vergnügt, und darum leider eine kurze Flaute nicht übersteht... Andi und ich stehen so bald wieder unten, und zusammen mit Urs holen wir Martin aus seinem Seitental und fahren nochmals hoch, die anderen Autos runterzufahren.
Weil Adrian inzwischen topgelandet ist, kann Martin nochmals starten. Gut, dass unten so eine riesige Landewiese ist, so hängt er nur einen kleinen Teil seines Schirms auf den Weissdorn :-)Alles in allem ein überraschender Tag. Niemand hätte gedacht, dass wir ohne auch nur einmal die Sonne gesehen zu haben solche Flüge machen könnten!
Wie immer werden wir den Tag bei einem leckern Mal ausklingen lassen. Diesmal hat Gourmetführer Roland etwas in Sisteron im Sinn.



Do 9.April

Eigentlich wäre das Wetter für heute gut angesagt gewesen, der Blick aus dem Fenster zeigt aber grau in grau. Da es sich aber langsam zu bessern scheint, nehmen wir gegen Mittag den langen Weg nach Séderon unter die Räder. Wenn es dort bei 100% Grau fliegt, dann müsste es doch heute mit etwas Sonne zwischendurch erst recht gehen!
Leider haben wir nicht mit dem Wind gerechnet. 30km/h, Böen über 40km/h: Das einzige, was fliegt, ist Martins Lenkdrachen, und dieser pfeift schon an der Lastgrenze über unsere Köpfe.
Na ja, einmal mehr geniessen wir ein Picknick an einem exklusiven Ort mit bestem Provençe Käse und Terrine, mhmmmm!

Was machen mit dem angebrochenen Tag? Während Roli für sich eine Weindegustation organisiert, und Dani und Andi sich ausruhen, packen Martin, Urs und ich die Bikes und - nachdem Urs im Schnelltempo den Platten flickt, den ich vorgestern wohl doch noch gefasst hatte - machen wir uns auf den Weg zum steilen Aufstieg auf den St.Cyr - und der hat es in sich! Etwa 800m, immer steiler. Am Schluss kann man kaum mehr das Velo stossen, und dann geht's noch Felsen rauf!
Aber die Mühe lohnt, denn die Abfahrt in die Méouge Schlucht ist Oberhammer!

Die Pizza heute abend haben wir redlich verdient - hoffentlich ist das Restaurant auch offen...


Fr 10.April

Schön, aber noch mehr Wind. Die Bike-Fraktion macht sich deshalb für einmal ohne Schirm auf den langen Anstieg zum Chabre. Auf dem Weg versuchen wir, möglichst keine Ketten von Prozessionsspinnerraupen zu unterbrechen, die sich zu hunderten über die Strasse bewegen. Dank schlechtem Flugwetter haben einige davon heute eine Chance, über die Strasse zu kommen...

Unsere Bedenken, angesichts des lauen Windchens während der Auffahrt womöglich doch das falsche Sportgerät gewählt zu haben, werden auf dem Gipfel von einem 50er Wind verblasen. So stürzen wir uns mit   unseren Radln fröhlich den schmalen Pfad runter, um uns dann nach einer erfrischenden Dusche ein letztes Mal im Garten des Hotels köstlich zu verpflegen.
Weil nämlich die Wetteraussichten über die Ostern ziemlich mies aussehen, machen wir uns kurz darauf auf die lange Heimreise.

Wie jedes Jahr hat Roli unseren Provençe Aufenthalt perfekt organisiert. Practice makes perfect - das trifft in seinem Fall sicher zu! Kein Startplatz, keine Bike-Route und vor allem kein Gourmet-Restaurant in der Gegend ist ihm fremd, und so waren wir eigentlich immer zur rechten Zeit am rechten Ort und konnten einige schöne Flüge, Biketouren und natürlich ausgezeichnete Abendessen geniessen. Thanks!