, Dani Wirz

Dolomiten 2009

Dolomiten Herbst 2009

Beim Ausblick auf den eingeschneiten Etzel, ist es kaum zu fassen, dass wir vor zwei Wochen bei frühlingshafter Thermik jeden Tag traumhafte Flugbedingungen hatten. Aber der Reihe nach...

Am ersten Tag unserer Flugwoche entschliessen sich Zeno, Iris, Adrian, André und Fréderic für einen Abstecher nach Oesterreich und fliegen am Venet, während Richi und ich etwas später losfahren und über den Ofenpass und das Vintschgau anreisen.

27.09.09 Karersee
Am Sonntag Morgen versuchen wir uns im Rahmen von intensiven gruppendynamischen Prozessen auf einen Startplatz zu einigen. Um dem erwarteten Rummel am Col di Rodella auszuweichen, entscheiden wir uns schliesslich für das Rifugio di Fronza beim Karerpass. Da dies ein Weststartplatz ist, bleibt Zeit zuvor ausgiebig das lokale Juwel, nämlich den Karersee, zu erkunden. Beeindruckend ist v.a. die Infrastruktur, der grosse Parkplatz, der moderne Tourist-Shop und v.a. der Fussgängertunnel zum Karersee, wobei 'See' eine ziemlich unverschämte Übertreibung ist. Aber wir lassen uns davon nicht in's Bockshorn jagen! V.a. Zeno strahlt eine ansteckende, geradezu überschäumende Begeisterung aus, während Fréderic tapfer mit uns um die Pfütze stapft und sich wundert, ob Paranoia-Flugreisen immer so ablaufen.

Etwas später am Startplatz hebt sich die Laune auch nicht wirklich, weil sich über dem Startplatz dicker Nebel breit macht. Iris und Richi melden sich 'freiwillig' und fliegen runter um die Autos zurückzuholen. Halbherzig nehmen wir uns vor, zu versuchen unter dem Nebel durchzutauchen und dem Hang entlang in's Val di Sassa Richtung Campitello zurückzufliegen. Zu meiner Überraschung gelingt dies sogar! Arian macht's vor, Zeno und ich folgen. Schon kurz nach dem Start sind wir im sonnigen Haupttal finden nach einiger Kratzerei Thermikanschluss. Gut 3 Stunden später und um einen fantastischen Flug reicher landen wir zufrieden in Campitello. Auch Fréderic gelingt ein schöner Flug, wenn er auch die ersten paar hundert Meter dem Nebel zu Fuss ausgewichen ist.

28.09.09 Rodella retour
Auch am Tag danach werden wir mit grossartigen Flugbedingungen verwöhnt. Zuerst muss man allerdings erst mal in die Luft kommen, was am Col di Rodella manchmal wirklich nicht ganz trivial ist. Es zieht nord- und südseitig gleichermassen hoch und irgendwie ist man immer im Lee. Wie erhofft ist der Piloten-Andrang etwas kleiner als am Samstag aber es geht zeitweise immer noch ziemlich hektisch zu und her.

Einmal in der Luft gelingt mir wieder ein mehrstündiger Flug in der grossartigen Dolomiten Szenerie. Die Thermik ist etwas ruppiger und kleinräumiger als am Tag zuvor, aber gut genug um zwischen Sella-Gruppe, Langkofel und Rosengarten von einem Peak zum nächsten zu fliegen. OK, eine Querung war nicht ganz so locker, weil ich mit über 4m/s Sinken realisierte, dass der Gleitwinkel nicht reicht um aus dem bewaldeten Seitental rauszufliegen. Da kommt dann doch etwas Nervosität auf... Nach einer gefühlten Unendlichkeit finde ich doch noch den Ausgang aus diesem 'Abwärtsschlauch' und kann den Abstand zu den Baumwipfeln langsam vergrössern. Freundlicherweise hebt mich die Thermik kurz danach wieder bis auf 3000m.

29.09.09 Hike&Fly oder die Suche nach dem idealen Startplatz...
Am Col di Rodella kann sich zunächst nur Fréderic für einen Start motivieren. Wir lassen uns vom ausgeprägten Nordwind abhalten und entscheiden uns zum Sellapass zu marschieren um dort im Nordwind zu soaren. Einzig Adrian setzt dies dann auch um, aber es war wohl mit ca. 90 Sekunden einer seiner kürzeren Flüge ;)

Von Peter hören wir, dass er auf der Anreise kurz vor dem Sellapass ist und wir verabreden uns dort zu einem kleinen Lunch und fahren anschliessend mit Peter's gut gefülltem Auto zum Belvedere um unser Glück dort zu versuchen. Nach einer weiteren Wandereinlage stehen wir alleine auf einer riesigen ideal geneigten und ideal angeströmten Startwiese, einfach perfekt! Schon kurz nach dem Start geht's wieder zügig nach oben und ich geniesse einen einzigartigen Panorama-Flug. Weil's nicht ganz so hackig ist komme ich zwischendurch zum Fotografieren. Von oben sehen die schroffen Felsformationen der Sella Gruppe mit ihren flachen Plateaus ganz anders aus. Auch der Stausee (Lago de Fedeia) macht aus dieser Perspektive mehr her als der Karersee. Nachdem ich mich satt gesehen und geflogen habe, entscheide ich mich für eine Toplandung um Peter's Auto runterzubringen.

30.09.09 Rodella
Am Mittwoch suche ich mir schon früh einen freien Slot für Start. Der Col di Rodella ist wieder gut frequentiert, u.a. mit Flugschulen aus aller Herren Länder. Ich kann zwar wieder gut Höhe machen, es gelingt mir heute aber nicht vom Langkofel wegzukommen ohne zu stark abzusaufen. Nach knapp zwei Stunden habe ich's gesehen und lande.

Peter motiviert mich nochmals hochzufahren. Oben angekommen wachsen unsere Zweifel, ob das eine gute Idee war: Der Wind ist nochmals deutlich stärker als üblich und kleine Dust-Devils huschen direkt über den Startplatz! Einen davon konnte ich verewigen: http://www.youtube.com/watch?v=uLQaPD3tHWo

Ein Pilot nach dem andern packt seine Sachen und entscheidet sich für die Talfahrt mit der Berg-Bahn.
Wir warten noch etwas und tatsächlich, der Wind nimmt ab! Wir lassen uns nicht zweimal bitten und sind fix in der Luft. Jetzt ist allerdings auch die Thermik so schwach, dass wir um jeden Höhen-Meter kämpfen müssen. Zeitweise wird's etwas eng vor dem West-Startplatz, weils nur da steigt, wenn auch sehr schwach. Trotzdem geniessen wir den ruhigen Flug.

01.10.09 Mt.Avena, Feltre
Angesichts diffuser Wetterprognosen entscheiden wir uns Richtung Bassano zu fahren. Auf dem Weg Fliegen wir am Monte Avena bei Feltre. Wir sind zunächst skeptisch, weil es - bei gutem Aufwind - sehr diesig ist und der Dunst über dem Startplatz nahtlos in dichte Wolken übergeht. Adrian motiviert uns mit einem kurzen Sondierungsflug und anschliessender Toplandung: http://www.youtube.com/watch?v=8bwHsMGqZR4

Schliesslich fliegen wir alle, auch wenn zeitweise der eine oder andere im Dunst verschwindet. Nach einiger Zeit landen wir wieder oben am Startplatz.

02.10.09 Thermik und Thermen
Am Freitag nutzen wir die Thermik der Thermen. Da auch in Bassano einiger Andrang herrscht, schliessen wir uns einer Gruppe Schweizer-Piloten an, die uns ein Fluggebiet in der Nähe empfehlen: Start in Vetriolo Terme und Landung Levico Terme. Erneut ein Flug mit schöner Startüberhöhung.

03.10.09 Feel the Air
Der Samstag im Fluggebiet Bassano steht unter dem Motto 'Vivere il grappa'. Nur um das klar zu stellen: Dies bezieht sich natürlich ausschliesslich auf den gleichnamigen Berg, den Monte Grappa! ;) Beim dem Kauf der obligatorischen Flugkarte bei der örtlichen Flugschule lernen wir auch deren Motto kennen: 'Feel the air'. Hier werden 'Gschpürschmi'-Piloten ausgebildet. Naja, immer doch besser, als während dem Flug zu versuchen Bäume zu umarmen. Peter ist allerdings der Ansicht, dass ein Bean Burrito im Bezug auf 'Feel the air' kostengünstiger und wirksamer wäre.

Derart sensibilisiert, haben wir nach dem Start bei der Antenne dennoch einige Schwierigkeiten 'die Luft zu spüren'. Irgendwie klappt das in erster Linie mit der absinkenden Luft. Mit Müh und Not retten wir uns vom Startplatz über ein Seitental und finden dort tief unten endlich Anschluss. Dann geht's aber locker bis weit über den Gipfel hoch. Eine ungewohnte Perspektive, wenn man so in die komplett flache Po-Ebene hinausblickt. Nach einem weiteren eindrücklichen 2-Stunden-Flug fahren wir ein zweites Mal hoch um auch den Startplatz Beppi kennenzulernen und um Iris den ersten Flug als Passagier mit Peter am Tandem zu ermöglichen: http://www.youtube.com/watch?v=tYmjgHXup8Q

Der Tag schliesst mit einem grossartigen italienischen Nachtessen in der Locanda, die zu Recht für Antipasti bekannt ist.

04.10.09 Mt Generoso
Die Heimreise führt uns übers Tessin, wo wir diese fantastische Flugwoche würdig am Monte Generoso beschliessen. Der Berg trägt seinen Namen zu Recht. Er war grosszügig zu uns (der Landeplatz zwischen Fluss, Leitungen und Baukran allerdings weniger...).

Wenn man ein Haar in der Suppe resp. dieser Flugwoche finden will, dann höchstens der Umstand, dass sich das kaum noch überbieten lässt und wahrscheinlich auch kaum wiederholen lässt. Jeden Tag fliegen bis zum Abwinken, Thermik von fein bis knüppelhart und das im Oktober!