Bishorn - 4151müM
Ja, es hat wieder stattgefunden, das alpine Hike&Fly 2021 und zwar bei schönsten Bedingungen.
Anfangs sah es wettermässig nicht so gut aus, so dass am Donnerstagabend noch eine Videokonferenz stattfand und der Entscheid schliesslich positiv ausfiel.
Start war am Samstagmorgen um 7:02 Uhr ab HB Zürich. Roli als Organisator, Adrian als bewährter Bergführer, Martin, Urs und ich als Novize waren dabei. Die Reise war wie immer unterhaltsam und diverse Erinnerung an frühere Hike&Flys kamen auf.
Nach einigem Umsteigen und der letzten Etappe mit dem Postauto auf der schmalen und kurvigen Strasse nach Zinal im Val d‘Anniviers konnten vier von uns um ca. 11:15 die Gondelbahn Richtung Col de Sorebois besteigen. Ich musste mich noch um neue Schuhe kümmern, da sich die Sohle meines schönen Schalenschuhs aus den 80ern doch noch verabschiedete. Das geöffnete Office du Tourisme knüpfte einen Kontakt und öffnete mir den Zugang zu einem Bergsportladen. Es hatte noch einen vernünftigen Schuh in meiner Grösse (es war dort bereits Ende Saison).
Nach 200 Höhenmetern und gut 35 Minuten Aufstieg war der Col auf 2800 M erreicht.
Aber wieso auf den Col? Das Ziel, die Cabane de Tracuit auf 3250 M ist doch auf der anderen Talseite. Irgend jemand hatte die glorreiche Idee die 1600 Höhenmeter statt zu Fuss zurückzulegen zur Hütte zu fliegen!
Nur Roli fand diese Idee schlecht und flog doch ins Tal nach Zinal. Das hatte aber vor allem mit den thermischen Bedingungen zum Startzeitpunkt und dem Flügel zu tun. Beide waren nicht optimal. Die Einheimischen die vor ihm gestartet waren, wurden vom gleichen Schicksal ereilt und flogen ins Tal.
Martin startete ebenfalls relativ früh und schaffte es aber immerhin auf die Alp und musste nur noch ca. 600 Hm wandern.
Urs startete als nächster und konnte die erste vernünftige Auflösung mitnehmen und den Col ein bisschen überhören. Er flog dann Richtung Süden über dem Grat. Adrian war der nächste und ich folgte als letzter. Wir konnten zu dritt gut Höhe machen in teilweise kräftigen und turbulenten Ablösungen.
Während Urs die Gletscherlandschaft im Süden genoss, querten Adrian und ich das Tal auf direktem Weg und konnten beim Roc de la Vache wieder aufdrehen. Kaum hatten wir gut überhöht, kam Urs dahergeschossen. Zu dritt kurbelten wir noch ein bisschen bis ich dann, schon etwas sehr gut gekühlt, beschloss mit viel Reserve Richtung unserem "Hotel" zu fliegen, wo ich schnell Höhe vernichtete und auf einem ansteigenden Schneefeld im Lee mit Schwung reinlandete.
Adrian und Urs folgten bald. Wir machten es uns gemütlich. Ich präparierte meine Steigeisen für den neuen Schuh und Adrian kümmerte sich um das Logis. Bald stiess dann Martin zu uns und nicht viel später der topfite und lachende Roli.
Mit ein bisschen Petit Arvine, Erzählungen, Erkundungen in der Umgebung und guten Sprüchen überbrückten wir die Zeit bis zum Abendessen. Serviert wurde dann ein fantastischer Dreigänger mit Salat, Risotto und einem Dessert. Da niemand Jasskarten dabei hatte, schlüpften wir relativ bald in die Kojen unseres grossen 14-Bett Zimmers. Was die anderen geträumt haben weiss ich nicht. Meine Nacht war relativ ruhig und ohne Kopfschmerzen auf 3250 Metern.
Bald war dann auch Tagwache und ein Frühstück mit frischem Müesli erwartete uns. Bald waren die Bergschuhe montiert, die Teeflasche gefüllt, die Steigeisen bereit und der Pickel in der Hand.
Bis zum Gletscherrand wählte jeder ein bisschen die Route die ihm am besten gefiel. Dann war fertig mit individuellem Spass. Die Steigeisen wurden montiert (meine habe ich zusätzlich mit Schuhbändel gesichert, da sie nicht optimal auf die Schuhe passten; haben aber auf der ganzen Route gehalten). Adrian übernahm die Spitze und gab mir noch diverse Anweisungen (ich war seit 20 Jahren nicht mehr auf einem Gletscher).
Anfänglich sah es nach einem gemütlichen Spaziergang über den Turtmanngletscher aus. Diverse Spuren zum Gipfel des Bishorn waren bereits angelegt. Viele waren schon vor uns unterwegs mit dem Ziel Weisshorn.
Mit der Zeit wurde es dann etwas steiler, die Schritte etwas kürzer, und der Atem etwas schneller. Eine längere und eine kürzere Pause half den einen die schöne Tour über 3.5 Stunden einzuteilen.
Auf dem Gipfel angekommen haben wir uns ein bisschen verpflegt, die fantastische Aussicht genossen, die sichtbaren Berggipfel rundum bestimmt und die Flugroute besprochen. Es hatte noch viel Restfeuchtigkeit in der Luft. Angesichts der idealen Windbedingungen haben wir nicht mehr lange zugewartet und unsere Flügel startklar gemacht. Adrian startete als erster, Urs als letzter. Die Flugroute von Urs ging nach Sierre, weil er sein Auto dort stationiert hatte.
Wir anderen vier flogen via Brunegggletscher, Bruneggjoch und Ostflanke des Mattertals nach Visp. Die Morgenthermik war etwas holprig und die Grate von Westen überspült. Martin hat einiges an Höhenverlust einkassiert und musste sich entlang den felsigen Geröllhalden wieder ausgraben. Nach einer guten Stunde vielen kleinen und rumpligen Schläuchen landeten wir auf einem Wiesenschnipsel bei wenig Talwind mitten in Visp nahe beim Bahnhof.
Shirts wechseln, erzählen über den bockigen Flug, Flügel packen, Dörrfrüchte essen, Thermosflasche leeren, Infos schreiben und Bilder auf LINE schicken, Urs informieren und Abmarsch Richtung Landebier am Bahnhof.
Ein absolut unvergessliches, tolles und sehr empfehlenswertes Erlebnis fand im Bahnhofrestaurant in Visp den krönenden Abschluss.
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